Zugegeben: Treppen stehen nicht unbedingt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Architektur. Bauherren setzen heute auf Aufzüge, schon allein wegen des Zugangs für Menschen mit Mobiltitätseinschränkungen. Und natürlich wegen der Bauhöhe. So führen Treppenauf- und -abgänge heute eher ein Schattendasein bis hin zur Reduzierung auf reine Fluchtwege.
Daß es auch anders geht, zeigen die nachfolgenden Beispiele, die bei Streifzügen durch München entstanden sind: Münchner Treppen mit Charakter.
Die Monumentale

Alte Pinakothek, Barer Str. 27, errichtet 1826–1836 von Leo von Klenze und nach der Kriegszerstörung 1952–1957 verändert wiederaufgebaut nach Plänen von Hans Döllgast. Das monumentale Treppenhaus stammt von Döllgast.
Die Zweckfreie

Endlostreppe in Form einer Doppelhelix in der Ganghoferstraße 29, einem Bürogebäude der KPMG. Künstler: Ólafur Elíassons , errichtet 2004. Leider darf die Treppe nicht begangen werden, wodurch man die Erfahrung nicht nachvollziehen kann, am gleichen Ausgangspunkt wieder anzukommen.
Die Verschnörkelte

Das Palais Preysing in der Residenzstraße 27. Erstes Rokoko-Palais in München. Erbaut 1723-28 nach Plänen von Joseph Effner. Heute privates Geschäftshaus. Besichtigung nur bei geschäftlichen Anliegen.
Die kühle Sachliche

Geschäftshaus in der Ottostraße 11, wiedererrichtet 1950-60er Jahre. Typisches Beispiel für den Wiederaufbau nach der Zeit der Schwere der Naziarchitektur: offene, lichtdurchflutete Räume, einfache klare Linien und Transparenz. Im Hintergrund: nachträglich angebauter Außenaufzug.
Die Brutale

Größtes Kulturzentrum Europas: Gasteig, Rosenheimerstr. 5. Gebaut ab 1978 nach Plänen der Architektengemeinschaft Raue, Rollenhagen, Lindemann und Grossmann. Eröffnet 1984/85. Heute Sanierungsfall und jahrelanger Streit über Umfang und Kosten der Sanierung.
Die Stylische

Das neue Werksviertel im Münchner Osten auf dem vormaligen Werksgelände der Firma Pfanni erhält 2023 den Deutschen Städtebaupreis. Nicht nur städtebaulich ein Highlight, auch im Detail: hier eine nach außen verlagerte Fluchttreppe.
Die Vergangenheitsbelastete

Heute Hochschule für Musik und Theater, früher „Führerbau“ der NSDAP, Arcisstraße 12. Erbaut 1933-37 nach Plänen des Architekten Paul Ludwig Troost. Sanierungsfall. Das Gebäude soll nach den neuesten Plänen für 400 Mio. € saniert werden.
Die Minimalistische

Städtische Galerie im Lenbachhaus, Luisenstraße 33. Neue Treppe nach der Generalsanierung 2009-13 durch das Architekturbüro Forsters und Partners.
Die Raumgreifende

Pinakothek der Moderne, Barer Straße, eröffnet 2002 nach Plänen des Architekten Stephan Braunfels.
Die Einwegtreppe

Treppenabgang der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in den Fünf Höfen; errichtet 2001 nach den Plänen der Architekten Herzog & de Meuron
Die Geflügelte

Treppenabgang zur Galeria Kaufhof im Untergeschoß der Kaufinger-Tor-Passage. Realisiert 1989-94 durch das Architekturbüro Hilmer Sattler. Ob die geflügelten Wesen schon bei der Eröffnung vorhanden waren oder erst später dazu kamen, weiß ich nicht.
Die Spiralige

Diagnose- und Therapiezentrum im Klinikum Dritter Orden, Franz-Schrank-Straße 2; errichtet 2007. Die Spirale entfaltet ihre Wirkung besonders durch das verwendete Extremweitwinkelobjektiv.
Es gibt sicher noch mehr Beispiele von Treppen mit Charakter in München. Tipps nehme ich gerne auf.
einfach super !!
Danke.
Lieber Jürgen, ein ganz toller Beitrag. Das Treppenhaus des Therapiezentrums gefällt mir am besten.
Liebe Grüße, Horst
Lieber Horst, danke für deine positive Rückmeldung. Zu dieser Treppe gibt‘s noch mehr Perspektiven, vielleicht mach ich noch einen extra Blog dazu. Liebe Grüße Jürgen
….eine wirklich schöne Auswahl…mein Favorit ist die Einwegtreppe….und Du hast recht, die Treppe muss aus dem Schattendasein- wo wäre die Menschheit ohne die Erfindung der Treppe…schöne Idee…
Ja, die Treppe ohne Umkehr. Wie am Flughafen, wenn sie hier durchgehen, gibt es kein zurück mehr 🤣.