Die steinernen Zeugnisse eines schottischen Clans

Tag #5 der Reise durch das schottische Hochland

Unsere weitere Reise führt uns von Oban aus durch die westliche Küstenregion Schottlands, die Region Argyll. Sie erstreckt sich entlang der Highlands bis hinunter zum Loch Lomond, welches wir am nächsten Tag erreichen. Auf dem Weg von der schottischen Westküste ins Landesinnere trifft man auf die steinernen Zeugnisse des schottischen Clans der Campbell.

Was ist ein schottischer Clan?

Zunächst fing alles ganz harmlos an. In Nordeuropa, insbesondere im Norden der britischen Insel bildeten sich im ersten Jahrtausend Stammesstrukturen heraus, die man als Clan bezeichnet. Alle Clanmitglieder waren zunächst untereinander verwandt. Sie benannten einen Clan-Chief, der Anführer, Richter und Kriegsherr zugleich war. Ihre Zugehörigkeit zum Clan zeigten sie durch ein Wappen und ein bestimmtes Schottenmuster, genannt Tartan. Heute gibt es davon etwa 1.500.

Durch Eroberungen, Raub, Intrigen, Heirat, Mord wurden die kleineren Clans aufgerieben und es entstanden große Clans mit mächtigen Regionalfürsten. Für die einfachen Clanmitglieder waren diese Strukturen so etwas wie unsere heutige Sozialversicherung. Fielen Clanmitglieder in Armut oder wurden krank, unterstützte sie der Clan. Zu einem der mächtigsten – und auch verhasstesten – Clans stiegen die Campbells auf, deren Zeugnisse wir am 5. Tag unserer Reise besuchten. Welche Bedeutung diese Clans immer noch haben, kann man auf den sog. Highlandgames sehen, die alljährlich in Edinburgh veranstaltet werden. Hier treten die Dudelsackspieler, die Teilnehmer an den Wettbewerben, die Musikgruppen in den traditionellen Farben und Mustern ihres Clans auf.

Ein Castle, das ausnahmsweise nicht durch Krieg zerstört wurde

Wir reisten aus Oban ab mit dem Ziel Kilchurn Castle. Das am Loch Awe errichtete Castle hat es inzwischen zu fotografischer Berühmtheit in den Sozialen Medien gebracht. Es existiert zwar nur noch als Ruine, steht aber malerisch auf Marschland, das in das Loch hineinragt. Gegründet hat das Anwesen der Clan MacGregor bis es im 15. Jhd. an den Erzfeind der MacGregors dem o.g. Clan Campbell fiel (klingt harmlos, ich kenne die Umstände nicht). Der Versuch der Campbells, das Castle im 18. Jhd. an die englische Krone zu verkaufen mißlang. Das Problem löste sich, als das Castle 1760 durch einen Brand unbewohnbar wurde. Beim Rundgang um die Ruine entdeckten wir im Loch eine Verwandte von Nessie :).

Ein standesgemäßes Mausoleum

Kurz vor Kilchurn Castle kommt man an einer Kirche vorbei, die zum Architekten berufene Clan-Mitglieder der Campbells für sich und zum Ruhme ihres Clans errichten ließen: die Saint Conan’s Kirk. Zunächst 1881 als schlichter Bau durch den Hobby-Architekten Walter Douglas Campbell für seine Mutter geplant, entwickelte sich der Bau durch Um- und Anbauten durch weitere Campbells zu einem monströsen Sammelsurim von Baustilen, zu einer Art Mausoleum. Der heutige Zustand wurde 1930 fertiggestellt. Beim Rundgang spürt man die ganze Last der Geschichte, welche die Campbells wohl zu tragen hatten.

Die heutige Prachtentfaltung der Campbells

Die Campbells residieren heute in Inveraray, einem Castle am Loch Fyne. Der Großteil des Schlosses ist zur Besichtigung freigegeben. Das Verhältnis der Campbells zum britischen Königshaus war in der Geschichte nicht frei vor Spannungen, standen sie doch mal auf Seiten der Republikaner und verloren kurzzeitig ihren gesamten Besitz, der Anführer Archibald Campbell sogar seinen Kopf. Heute ist das vergessen. Der heutige, 13. Duke of Argyll (so der offizielle Titel) war zwei Jahre lang königlicher Ehrenpage bei Queen Elisabeth II.

Um das Schloß herum wurde im 18. Jahrhundert ein kleiner Ort auf dem Reißbrett errichtet, wie es in dieser Zeit oft üblich war: der Feudalherr, in diesem Fall Archibald Campbell ließ die alte Siedlung abreißen und errichtete für seine Bediensteten, Handwerker etc. Häuser nach seinen Plänen. Der Ort steht heute unter Denkmalschutz. Sehenswert sind nicht nur das Schloß, sondern auch die Gartenanlagen.

Alle Reiseblogs über die Schottlandreise in 2023:

Tag 1: Ankommen am Hexenfelsen
Tag 2: Quer durch die Highlands
Tag 3: Mit Volldampf an die Küste
Tag 4: Oban – die verblasste Schönheit
Tag 5 (Nachtrag): Die Crofter – eine schottische Spezies
Tag 6: Loch Lomond – der Haussee der Schotten
Tag 7: Zwischen Aufstieg und Niedergang

Die Reiseroute findest du beim Tag 1.

8 Gedanken zu “Die steinernen Zeugnisse eines schottischen Clans

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